Die Nachkriegsgeneration überträgt ihr Vermögen. Doch nicht nur beim Vererben, auch beim Erben tun sich Stolpersteine auf. Fast jeder zweite Deutsche fühlt sich beim Thema Erben überfordert. Wir nennen fünf wichtige Erkenntnisse, die das Erben einfacher machen.
Das Wirtschaftswunder der 50er- und 60er-Jahre des letzten Jahrhunderts bescherte vielen in der Bundesrepublik einen nicht unerheblichen Wohlstand. Nun überträgt diese Generation ihr Vermögen. Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge haben sich Erbschaften in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt. Allein 2017 wurden weit mehr als 100 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt. Die ganz großen Erbschaften, ähnlich der ganz großen Vermögen, sind dabei eher die Ausnahme. Übertragen werden pro Erblasser im Durchschnitt 363.000 Euro. Das ergibt rein statistisch etwa 150.000 Euro pro Erbe. Werden Immobilien vererbt, liegt das mitvererbte Geldvermögen zumeist weit über dieser Schwelle. Wer erbt, möchte natürlich bestmöglich profitieren. Fünf Erkenntnisse, die das Erben einfacher machen:
Erkenntnis 1
Für Erben kann der Spielraum klein sein
Ein Mensch hat geerbt. Nun will das Finanzamt eine Erbschaftssteuererklärung und hat eine Frist gesetzt. Natürlich möchte man, dass die Erbschaftssteuer möglichst gering ausfällt. Was kann man tun?
„Nach dem Erbfall leider sehr wenig. Habe ich beispielsweise mehr geerbt, als mein Steuerfreibetrag vorsieht, oder gar als nicht verwandte Person, dann kann man das oft nicht mehr korrigieren. Es sei denn, man schlägt die Erbschaft aus“, weiß Ludger Bornewasser, auf Erbrecht spezialisierter Münchner Fachanwalt und Buchautor, zu berichten. Mit der Ausschlagung spricht er einen Spezialfall an: das Ehegattentestament, in dem sich beide Partner gegenseitig als Erben eingesetzt haben und die Kinder erst im zweiten Erbfall berücksichtigt werden.
Das Berliner Testament hat Tücken
Die Ehefrau erbt also beispielweise Haus und Bares im Wert von 1,5 Millionen Euro. Nach Abzug ihres Freibetrags von 500.000 Euro müsste sie auf den Betrag von 1 Million Euro Erbschaftssteuer bezahlen. Die beiden gemeinsamen Kinder hätten im Fall des Todes ihrer Mutter das gesamte Erbe ein zweites Mal zu versteuern. „Das ist der große Nachteil am sogenannten Berliner Testament“, so Bornewasser und weiß Abhilfe: Die Ehefrau schlägt das Erbe aus und lässt sich an der Immobilie einen Nießbrauch einräumen. Das Haus geht auf die Kinder über. Die Kinder verpflichten sich, der Mutter für die Ausschlagung eine Summe X zu zahlen. Steuerlich ein interessantes Modell. Indes muss man sich schnell einig sein, die Frist beträgt von Amts wegen nur sechs Wochen.
Erkenntnis 2
Man erbt automatisch,
doch Vermächtnisse muss man einfordern
Der antike Familienschmuck soll an einzelne Personen vermacht werden. Wie lässt sich Streit darüber vermeiden? Zunächst ist es wichtig, im Testament den oder die Erben zu bestimmen, bevor man Personen mit einzelnen Gegenständen bedenkt. Das ist der häufigste Fehler im Laientestament. „Mein Haus erbt mein Sohn, das Barvermögen die Tochter und die Münzsammlung geht an die Enkel“ – ist ein Testament so abgefasst, fragt man sich zwangsläufig: Und wer ist eigentlich Erbe? Soll es der Sohn sein, weil das Haus die wertvollste Komponente des Erbes ist? Oder soll die gesetzliche Erbfolge greifen und es handelt sich um einzeln aufgezählte Vermächtnisse?
Fehler beim Vererben führen oft zu Streit
In einem solchen Fall ist einer inhaltlichen Auseinandersetzung Tür und Tor geöffnet und ein Erbschein kann nicht eindeutig beantragt werden. Hinzu kommt ein wichtiger Unterschied: „Erbt der Erbe oder die Erbengemeinschaft alles automatisch, also Aktiva und Passiva, so bekommt der Vermächtnisnehmer nur einzelne Gegenstände aus dem Nachlass und dies nicht automatisch. Er wird nicht sofort Eigentümer. Zugedachte Wertgegenstände muss er auf Eigeninitiative von den Erben anfordern“, erklärt Bornewasser.
Vom Erbe zur Neuanlage
Im Gespräch mit Dr. Holger Sepp
Eine Erbschaft ist ein willkommener Vermögenszuwachs. Wie lässt sie sich sinnvoll anlegen? Passende Anlageformen stellt Dr. Holger Sepp, Mitglied des Vorstands bei Hauck & Aufhäuser vor. Digital und persönlich steht die Bank an der Seite des Kunden. Gerade in stürmischen Zeiten, wie wir sie aktuell erleben ein wertvolles Plus.
Erkenntnis 3
Der Wille des Erblassers zählt
Ein Testamentvollstrecker ist eingesetzt, um beispielsweise im Falle der noch minderjährigen Erben Vermögenswerte anzulegen und zu verwalten. „Früher war das einfacher. Da wurde in klassischen Sparbriefen angelegt“, erzählt Bornewasser. Heute bringt das kaum Rendite und stellt den Verwalter vor Probleme. Insofern kommt die Rechtsprechung hier zur Hilfe. Sie sieht vor, sich im Zweifelsfall nach dem Anlageverhalten des Erblassers zu richten. Die Frage ist nicht, was will der Erbe, sondern was war der Wille des Erblassers. Der Testamentsvollstrecker ist dessen verlängerter Arm und haftet er auch dafür.
Erkenntnis 4
Beim Erben Gefahr abwenden
Ein junger Mann will das Erbe des Vaters ausschlagen, weil er eine Überschuldung befürchtet, obwohl neben Schulden auch erhebliche Aktiva vorhanden sind. Was ist zu tun? „Zuerst die Erbschaft annehmen und sichten. Wenn sich dann ergibt, dass die Erbschaft möglicherweise überschuldet ist, sollte der Erbe eine Nachlassverwaltung beantragen. Erst bei nachweislicher Überschuldung ist der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen“, rät der Experte. Die Ausschlagung führt ja sonst dazu, dass man keinesfalls etwas erbt. Andererseits trennt die Nachlassinsolvenz das Eigenvermögen vom ererbten Vermögen. Die Haftung erfolgt nur mit der Erbmasse.
Erkenntnis 5
Erben sollten Bankkonten sichern
Die Witwe Adele verstirbt und hinterlässt eine Tochter, die sie testamentarisch als Alleinerbin einsetzt. Bei ihrer Hausbank hat sie im Depot über 200.000 Euro. Die Tochter weiß davon, befürchtet aber, dass der ehemalige Lebensgefährte ihrer Mutter noch eine Kontovollmacht besitzt und das Geld abheben wird. Was ist zu tun?
Auf alle Fälle ist Eile geboten. Eine Kontovollmacht erlischt mit dem Tod des Ausstellers. Hat der Erblasser jedoch einer Person zu Lebzeiten eine über den Tod hinaus geltende Vollmacht erteilt und sie nicht widerrufen ist bei den Erben Vorsicht geboten. Der Bevollmächtigte kann im Prinzip Vermögensgegenstände an sich ziehen. Im Fall der Witwe Adele kann er auf das Konto ihrer Hausbank zugreifen. In der Regel wird die Bank den Weisungen des Bevollmächtigten nachkommen. Nur wenn sie die persönlichen Umstände des verstorbenen Kunden wird sie eventuell reagieren. Es könnte ja trotz Vollmacht ein Missbrauch vorliegen. Die Tochter sollte unverzüglich handeln, bevor es zu einer Art Wettlauf mit dem Bevollmächtigten kommt. Sie sollte die Vollmacht gegenüber der Hausbank der Mutter und eventuell anderen Geschäftspartnern sowie dem Bevollmächtigten widerrufen. Als Erbin wird sie automatisch zur Rechtsnachfolgerin ihrer Mutter.
Oft reicht der Erbschein nicht aus
„Der Widerruf muss zwingend ausdrücklich erfolgen. Sich nur als Erbe zu melden und einen Erbschein anzukündigen, reicht nicht aus“, so Bornewasser. Sobald die Tochter dann gegenüber der Hausbank ihre erbrechtliche Legitimation durch Vorlage eines Erbscheins oder eines notariellen Testaments sowie der Eröffnungsniederschrift nachweist, kann sie über ihr Erbe frei verfügen. Ab dann ist es ihr möglich, das Vermögen nach eigenen Vorstellungen bei der eigenen Bank anzulegen.
Erben profitieren von
digitaler Vermögensverwaltung Zeedin
Bei Hauck & Aufhäuser bieten sich sowohl die digitale Vermögensverwaltung Zeedin als auch klassische Anlageformen an. „Unsere Kunden geben unseren Experten einfach Ziele und Wünsche vor und haben den Kopf frei für andere Dinge. Das kann gerade in emotionalen Stressphasen des Lebens sehr wichtig sein“, so Dr. Holger Sepp, Vorstandsmitglied bei Hauck & Aufhäuser.
Erben: Beratung kann sinnvoll sein
Das Thema Erbschaft wird in Deutschland immer wichtiger. Spitzenreiter im Vererben sind die Länder Hessen, Bayern und Hamburg. Aber nicht nur bei der Nachlassplanung, auch beim Erben ist Beratung von Experten angebracht, will man aufgrund der Komplexität des Themas nicht in juristische oder steuerrechtliche Fettnäpfchen treten.
Freibeträge für Erben und Beschenkte
Grundsätzlich sind Erbschaften und Schenkungen steuerpflichtig. Wer sein Erbe aber scheibchenweise alle 10 Jahre verschenkt spart dem der erbt oder beschenkt wird die Steuern. Allerdings nur bis zu folgenden Obergrenzen.
Freibeträge für Erb- und Schenkungsfälle
Betroffene Personen | Steuerklasse | Allgemeiner Freibetrag |
Ehepartner | I | 500.000 Euro |
Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft | I | 500.000 Euro |
Kinder, Stief-, Adoptivkinder sowie Enkel, deren Eltern bereits verstorben sind | I | 400.000 Euro |
Enkel, deren Eltern noch leben, und Urenkel | I | 200.000 Euro |
Eltern und Großeltern | I | 100.000 Euro |
Geschiedener Ehegatte, Geschwister, Neffen, Nichten, Schwieger-, Stiefeltern, Schwiegerkinder | II | 20.000 Euro |
Verlobte, Lebensgefährten sowie alle übrigen | III | 20.000 Euro |
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