Die chinesische Wirtschaft hat das Jahr 2021 mit einem Rekordwachstum begonnen. Die jüngsten Aktivitätskennziffern legen eine anhaltend hohe Dynamik der Konjunktur nahe. Die Treiber dieser Entwicklung deuten darauf hin, dass das hohe Momentum in den kommenden Monaten anhält. Der chinesische Aktienmarkt sollte hiervon wie von der globalen Konjunkturentwicklung profitieren.
Rekord
Chinas Wirtschaft wuchs im ersten Quartal 2021 um 18,3 % gegenüber dem Vorjahr. Damit lag die Expansionsrate leicht unter dem Marktkonsens von 18,5 %. Dennoch ist dies das höchste Quartalswachstum seit Beginn der Aufzeichnungen. Die rasante Dynamik ist nicht zuletzt in der extrem niedrigen Basis des vergangenen Jahres, als die Pandemie zuschlug, begründet. In anderen Worten: Die chinesische Konvention, das BIP im Jahresvergleich zu präsentieren, führt dazu, dass das robuste Auftaktquartal 2021 mit Q1 2020 verglichen wird. Also dem Zeitraum, in dem China in einem harten Lockdown verharrte. Damit sind die Zahlen stark rückwärtsgewandt. Wird die europäische Methode des Quartalswachstum gegenüber dem Vorquartal angewendet, ergibt sich, dass Chinas Wirtschaft Q1 saisonbereinigt um 0,6 % gewachsen ist. Dennoch deuten die jüngsten Aktivitätsdaten auf eine fortlaufend hohe Dynamik.
Aussenhandel: Ein Zugpferd
Die lebhafte globale Nachfrage stützt Chinas Wachstum wie auch schon im vergangenen Jahr. Nachdem China 2020 als einzige relevante Wirtschaftsnation im Covid-Krisenjahr mit immerhin 2,3 % (niedrigste Rate in 44 Jahren) gewachsen war – nicht zuletzt getrieben durch die ausländische Nachfrage nach Medizin- und Work-From-Home-Equipment –, glänzten die Exporte im zurückliegenden Monat März erneut. Wie Außenhandelsdaten von vergangener Woche belegen, legten die Exporte in die USA und nach Europa im März mit 53,3 % bzw. 45,9 % im Jahresvergleich weiter kräftig zu. Zwar stiegen die Exporte in diese Nationen wie auch insgesamt im März (30,6 % vs. 60,6 % im Februar 2021) damit weniger fulminant, wie noch in den beiden Vormonaten. Dennoch dürfte Chinas Leistungsbilanzüberschuss 2021 hoch bleiben, da die weltwirtschaftliche Dynamik in Kombination mit den US-Fiskalpakete(n) weiter zulegen sollte.
Konsum: Hohe Dynamik
Im Rahmen von Chinas Transformation des Wirtschaftsmodells mit einem stärkeren Gewicht der Inlandsnachfrage ist das Importwachstum im März von 38,1 % (22,1 % in der Vorperiode) im Jahresvergleich positiv zu werten. Für die weitere Entwicklung des Außenhandels ist neben der Weltkonjunktur jedoch auch das Erreichen einer Impfrate von 40 % per Ende Q2 2021 (Ziel der Regierung) wichtig, um negative Effekte auf die Wirtschaft zu minimieren.
Die dank der effektiven Eindämmung des Virus verbesserte Inlandsnachfrage führte darüber hinaus zu positiven Effekten beim Einzelhandel. So ist das Niveau der Einzelhandelsumsätze schon fast wieder auf das Trendwachstum vor der Pandemie zurückgekehrt. Allerdings hinkt das Einkommenswachstum immer noch hinterher. Real erhöhte sich das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen in den Städten im Jahresvergleich um 12,3 % und damit deutlich weniger als das BIP-Wachstum. Auf dem Arbeitsmarkt verbesserte sich die Arbeitslosenquote Ende März auf 5,3 % gegenüber 5,5 % dem Vormonat.
Nach dem Wachstumsschub im ersten Vierteljahr werden sich Chinas Wirtschaftsdaten in den kommenden Quartalen allmählich auf ein normales Niveau abschwächen, da die Verzerrungen durch den Basiseffekt abklingen. Insgesamt rechnen wir auf Basis der jüngsten Frühindikatoren und der IWF- und OECD-Prognosen aber mit einem kräftigen BIP-Wachstum 2021 und 2022 von über 8 % respektive 6 %. Gleichzeitig sollten die Konsumentenpreise in China nur moderat zulegen; 2021 (2022): 1,2 % (1,9 %).
Normalisierung der Politik
Da die Wirtschaft auf das Niveau vor dem Virus zurückgekehrt ist, hat die chinesische Regierung respektive die People‘s Bank of China (PBoC) seit dem Schlussquartal 2020 mit der Normalisierung der Politik begonnen. Dies spiegelt sich in einer Mäßigung der Kreditvergabe wider. Es wird beabsichtigt, das Kreditwachstum in diesem Jahr in einem ähnlichen Tempo wie das nominale BIP-Wachstum zu halten, um die Verschuldungsquote und die Inflation der Vermögenswerte einzudämmen. Daher scheint eine weitere Abschwächung der Kreditvergabe unvermeidlich. Sollte es zu einem Politikfehler seitens der Regierung bzw. der People's Bank of China kommen – also einer zu schnell zu restriktiven Fiskal- und Geldpolitik – wäre das allerdings wachstums-negativ.
Chinesischer Aktienmarkt
Zwischen Januar 2019 und Februar 2021 legte der chinesische Blue-Chip-Index, der CSI 300, mit über 90 % zu und erreichte am 10. Februar 2021 ein 14-Jahreshoch. Am 22. Februar 2021 setzte dann eine Korrektur ein, die an die Markt-Turbulenzen von 2007 und 2015 erinnerte. Aber: „This Time Is Different!“ Angesichts der rasanten Konjunkturerholung in H2 2020 – während der Rest der Welt noch mit den Ersteinschlägen von Corona zu kämpfen hatte – strömten ausländische Investoren bzw. deren Anlagegelder nach China. 2021 hat das Impftempo in den meisten Regionen der Welt deutlich zugelegt, so dass viele Volkswirtschaften sukzessive öffnen konnten bzw. dies zeitnah tun werden. In Kombination mit regulatorischen Maßnahmen im chinesischen Technologie-Sektor sowie Ansätzen einer weniger akkommodativen Geldpolitik der People’s Bank of China ist die Nachfrage nach China-Assets im Vergleich zum Vorjahr weniger stark ausgeprägt. Partielle Kurskorrekturen waren die Folge. Nichtsdestotrotz hat sich der Markt Ende März bereits stabilisiert. Die im internationalen Vergleich herausragenden ökonomischen Perspektiven sollten es chinesischen Firmen auch zukünftig ermöglichen, davon zu profitieren.
Schwellenländer im Allgemeinen
Schwellenländer-Aktien haben seit Anfang Q4 2020 eine signifikante Rallye hingelegt; ähnlich wie die des MSCI World. Die Aussichten auf eine breite weltwirtschaftliche Erholung gaben den Emerging-Market-Titeln starken Auftrieb. Geht die positive Emerging-Market-Performance in die Verlängerung? Eine mögliche Limitierung einer fortgesetzten Kurs-Performance liegt in den inzwischen hohen Bewertungen relativ zu den historischen Niveaus. So handeln beispielsweise die Aktien im iShares MSCI EM ETF (+26 % seit 09/2020) im Durchschnitt zum 15-fachen der zukünftigen Gewinne; 36 % mehr als der 15-Jahresdurchschnitt. Sollte es in den USA zu einem weiteren Zinsanstieg kommen, käme es umso mehr auf das Earnings-Per-Share-Wachstum an. Dieses wird 2021 mit rund 40 % veranschlagt. 2022 liegt das erwartete EPS-Wachstum bei mäßigen 13 %. Allerdings gehen wir einerseits davon aus, dass die Renditen in den USA im Laufe des Sommers nur moderat steigen. Andererseits rechnen wir damit, dass die globale Konjunkturerholung immer synchroner wird. Davon werden letztlich auch die Emerging-Markets profitieren, was für eine Anpassung der 2022er Gewinn-Schätzungen nach oben spricht. Regional bevorzugen wir weiterhin Asien. Unter den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) präferieren wir somit China. Dagegen leidet v. a. Brasilien unter einem miserablen Corona-Management, was auch die erst jüngst reformierten Staatsfinanzen einmal mehr torpediert. Die brasilianische Notenbank hat zudem auf Inflationsgefahren mit ersten Zinserhöhungen reagiert, was den Rückenwind für die Wirtschaft natürlich dämpft. Russland, das ebenfalls bereits höhere Leitzinsen ausweist, sieht sich derweil mit neuen US-Sanktionen konfrontiert, wobei aus Sicht der Kapitalmärkte das Schlimmste noch nicht eingetreten ist: Der Handel von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt ist weiterhin möglich.
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