Jendrik Fuhrmann
Head of Structuring & Regulatory
Seit Jahren besteht bei den Marktteilnehmern der Fondsbranche die leise Hoffnung, dass eine Verschnaufpause bei der Umsetzung von neuen, regulatorischen Änderungen eingelegt werden kann. Diesen Gefallen haben die Gesetzgeber der Branche allerdings bisher nicht getan. Im Gegenteil, das Tempo der regulatorischen Änderungen hat sich in den letzten Jahren sogar noch gesteigert.
Wir möchten Sie in diesem Artikel auf eine kleine Reise durch die aktuellen regulatorischen Änderungen mitnehmen und Ihnen jeweils einen kurzen Einblick in ausgewählte Themen geben.
Die Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (SFDR – Sustainable Finance Disclosure Regulation“) ist Teil des Aktionsplans „Sustainable Finance“ der EU. Sie zielt auf die Förderung von Transparenz bei nachhaltigen Finanzprodukten, da derartige Informationen (z. B. die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken und nachteiliger Nachhaltigkeitsauswirkungen oder die Bewerbung ökologischer oder sozialer Merkmale bei Investitionsentscheidungen) bislang unzureichend entwickelt und nicht harmonisiert waren.
Seit dem 10. März 2021 sind alternative Investmentfonds (AIF) in eine von drei Kategorien einzuordnen:
Bislang waren einige Themen in der SFDR hinsichtlich der Umsetzung noch sehr vage formuliert oder teils erst zu einem späteren Zeitpunkt anwendbar. Die am 6. April 2022 von der EU verabschiedeten „Regulatory Technical Standards“ (RTS) präzisieren die Inhalte der SFDR und finden ab dem 1. Januar 2023 Anwendung. Dies bedeutet für die Finanzmarkteilnehmer nochmalige Anpassungen, z. B. bei den vorvertraglichen Informationen und den Websiteveröffentlichungen ihrer Finanzprodukte.
Flankierend zur SFDR wurde die Taxonomie-Verordnung im Jahr 2020 verabschiedet, die seit dem 1. Januar 2022 in Kraft getreten ist. Diese legt Kriterien zur Bestimmung der Nachhaltigkeit von Wirtschaftsaktivitäten fest und spielt eine wesentliche Rolle für Finanzprodukte, die „nachhaltige Investitionen“ tätigen.
Sowohl die Themen aus der SFDR als auch der Taxonomie-Verordnung befinden sich bei der Umsetzung noch in einem Entwicklungsprozess. Das Thema „Nachhaltigkeit“ wird den Markt auch in den nächsten Jahren wesentlich beschäftigen. Bereits jetzt ist absehbar, dass künftig weitestgehend Finanzprodukte aufgelegt werden, welche die Kriterien eine „nachhaltigen Finanzprodukts“ (Art. 8 oder 9 der SFDR) erfüllen, um diese bei Investoren platzieren zu können. Dabei wird auch das Thema „ESG-Reporting“ eine wichtige Rolle einnehmen, welches Investoren zukünftig benötigen.
Mit der Umsetzung der AIFMD (Alternative Investment Fund Manager Directive) im Jahre 2013 wurde erstmals ein europäischer Regulierungsstandard für alternative Investmentfonds geschaffen. Zum heutigen Zeitpunkt kann man sicherlich sagen, dass die AIFMD eine Erfolgsstory ist und die Fortentwicklung des alternativen Fondsmarktes in der EU wesentlich vorangetrieben hat. Doch auch bei einer guten Richtlinie stellen sich im Laufe der Zeit Themen heraus, zu denen es Verbesserungspotentiale gibt. Hierzu gehören die nicht einheitliche Anwendung bestimmter Teile der AIFMD, Optimierungen im Bereich der Passporting-Regelungen oder Verbesserungen beim Berichtswesen.
Am 25. November 2021 hat die EU Kommission Vorschläge zur Anpassung der AIFMD veröffentlicht, um die Verbesserungspotentiale aufzugreifen, aber auch um weitere Themen einzubringen. Auf Basis der Vorschläge lässt sich festhalten, dass die AIFMD II keine wesentlichen Neuerungen bringen wird, aber in einigen Teilbereichen zu Veränderungen führen wird. Die EU-Kommission hat die vorgeschlagenen Änderungen an der AIFMD bis 31. Januar 2022 zur Konsultation gestellt. Mit einer Umsetzung der finalen AIFMD II wird – aufgrund einer 24 monatigen Implementierungsfrist – frühestens im Jahr 2024 gerechnet.
Folgend sind einige Vorschläge aus der AIFMD II zusammengefasst:
Einem AIFM ist es unter der AIFMD möglich, seine Leistungen auch grenzüberschreitend zu erbringen, also auch AIF zu verwalten, die in einem anderen Mitgliedstaat aufgelegt wurden. Für die Verwahrstellen war dies bislang nicht möglich. Für einen AIF, der z. B. in Deutschland aufgelegt wurde, musste auch eine deutsche Verwahrstelle bestellt werden. Künftig soll es möglich sein, dass auch eine Verwahrstelle für einen AIF bestellt wird, deren Sitz von dem Herkunftsland des AIF abweicht.
Künftig wird es für Kreditfonds weitere Vorgaben zur Vereinheitlichung des Marktes geben. Hierzu gehört auf Seiten eines AIFMs die Umsetzung und Aufrechterhaltung wirksamer Strategien, Verfahren und Prozesse für die Kreditvergabe. Aber auch für Kreditfonds selbst wird es Änderungen geben. So wird es künftig nicht mehr möglich sein, einen Kreditfonds „open-ended“ (also für Rücknahmen offen) auszugestalten, wenn für mehr als 60 % seines Vermögens eine direkte Kreditvergabe („Loan Originating“) erfolgt.
Es wird verbindliche Vorgaben für die Verwendung von Liquiditätsrisikomanagement-Tools („LMT“) bei offenen Fonds geben. Dazu zählen u. a. die Möglichkeit, Anteilscheingeschäft auszusetzen, Vorankündigungsfristen vorzusehen oder Rücknahmegebühren zu erheben. Das Liquiditätsmanagement ist weiterhin ein wichtiger Punkt der Regulatoren, um negative Auswirkungen bei fehlender Liquidität zu vermeiden.
Die Anforderungen an einen AIFM bei der Delegation von Tätigkeiten als auch bei der Überwachung der dritten Parteien, an welche Tätigkeiten delegiert werden, werden verschärft. Dies soll nicht zuletzt auch die Substanz der AIFM stärken, welche wesentliche Tätigkeiten delegieren.
Den bisherigen Offenlegungspflichten gegenüber den Anlegern werden erweitert. Künftig sind den Anlegern u.a. weitere Angaben (i) zum Einsatz von Liquiditätsmanagement-Tools, (ii) zu Gebühren und Kosten die vom AIFM oder den AIF getragen werden, (iii) zur Zusammensetzung des Portfolios bei Kreditfonds und (iv) zu den Gesellschaften (z.B. HoldCo), die für einen AIF gegründet werden.
Am 25. Februar 2022 wurde ein modernisiertes Luxemburger Verbriefungsgesetz umgesetzt, welches seit dem 8. März 2022 in Kraft ist. Ziel der Modernisierung ist es, eine erhöhte Flexibilität bei Umsetzung von Verbriefungstransaktionen zu gewährleisten und den bisherigen Rechtsrahmen weiter zu präzisieren. Durch die Modernisierung des ohnehin bereits erfolgreichen Luxemburger Verbriefungsgesetz dürfte die Attraktivität des Standortes für Verbriefungen weiter gesteigert werden.
Die Modernisierung des Verbriefungsgesetzes betrifft u. a. die folgenden Themenbereiche:
Bislang durften Verbriefungsorganismen zur Finanzierung ausschließlich „Wertpapiere“ begeben. Dies führte in der Praxis zu Abgrenzungsfragen, welche Finanzinstrumente den Begriff eines Wertpapiers erfüllen. Um diese Unsicherheit zu reduzieren, ist nun eine Finanzierung durch „Finanzinstrumente“ möglich. Dies beinhaltet z. B. auch die Finanzierung durch Schuldscheindarlehen oder Bankkredite.
Die möglichen Rechtsformen einer Verbriefungsgesellschaft werden erweitert. Bislang waren diese auf Kapitalgesellschaften beschränkt. Künftig können Verbriefungsgesellschaften auch als Personengesellschaften gegründet werden. Dies bietet weitere Strukturierungsmöglichkeiten und könnte insbesondere für angel-sächsische Initiatoren und PE-Investoren, die generell mit der Personengesellschaft sehr vertraut sind, interessant sein. Ferner fallen Personengesellschaften nicht in den Anwendungsbereich der ATAD I (Anti Tax Avoidance Directive) und sind somit nicht von den negativen Auswirkungen der Zinsschranke (Interest Limitation Rules) betroffen.
Bislang konnte eine Verbriefungsgesellschaft ausschließlich den Anlegern Sicherheiten oder Garantien gewähren. Diese Möglichkeit wird auf an der Transaktion beteiligte Dritte ausgeweitet, sodass nun z. B. auch kreditgebenden Banken Sicherheiten gewährt werden können. Dies kann die Strukturierung von Verbriefungstransaktionen vereinfachen.
Das bisherige Verbriefungsgesetz ließ lediglich die „passive Verwaltung“ von Vermögenswerten zu, ein aktives Management war ausgeschlossen. Dies machte den Standort Luxemburg für Anbieter von „Collateralized Loan Obligations“ (CLOs) oder „Collateralized Debt Obligations“ (CDOs), bei denen der Sicherheitenpool aktiv verwaltet wird, insbesondere im Vergleich zu Irland uninteressant. Um diesen Nachteil zu beheben, sieht das modernisierte Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen die aktive Verwaltung von Kreditportfolien vor.
Ziel von ATAD III (Anti Tax Avoidance Directive) ist es, sogenannte „shell entities“ (Mantelgesellschaften) zu identifizieren, die lediglich aus steuerlichen Gründen bestehen und diesen künftig, sofern bestimmte Anforderungen nicht erfüllt werden, etwaige Steuervorteile zu entziehen.
Der Anwendungsbereich ist dabei sehr weit gefasst, abgesehen von wenigen Ausnahmen sind alle Gesellschaften innerhalb der EU betroffen. Einige hochregulierte bzw. mit einem geringen Risiko versehene Gesellschaften sind jedoch ausgenommen. Hierzu gehören alternative Investmentfonds (AIF), aber nicht die von den AIF gehaltenen „HoldCos“ oder „PropCos“. Somit ergibt sich indirekt auch eine Auswirkung auf die AIF, insofern es nachteilige Auswirkungen aus der ATAD III auf die von AIF gehaltenen HoldCos / PropCos gibt.
Ist eine Gesellschaft im Anwendungsbereich und nicht ausgenommen, ist ein Self Assessment vorzunehmen und die sog. Gateway Kriterien zu prüfen:
Werden die drei Kriterien des Gateway Tests erfüllt, besteht für die Gesellschaften eine Reportingpflicht. Die Gesellschaften müssen dabei melden, ob sie die in der Richtlinie genannten Substanzanforderungen erfüllen:
Werden die Substanzanforderungen nicht erfüllt werden, kann ein Antrag gestellt werden, dass die Gesellschaften für „commercial reasons“ bestehen (und nicht zur Vermeidung von Steuern) bzw. kein Steuervorteil besteht.
Andernfalls können steuerlich nachteilige Auswirkungen bestehen. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob dies zu einer nachteiligen Auswirkung auf eine Gesellschaft führt und wie wesentlich diese Auswirkung ist.
ATAD III soll zum 1. Januar 2024 für alle Gesellschaften im Anwendungsbereich umgesetzt werden.
Abschließend bleibt darauf hinzuweisen, dass es sich derzeit „lediglich“ um einen Entwurf der Richtlinie handelt und Änderungen im Verlauf noch möglich sind. Bleibt der Entwurf wie derzeit vorliegend, kann dies zu einer nicht unerheblichen Auswirkung auf die bestehenden Investmentstrukturen führen.
Als Ihr Partner im Fondsgeschäft unterstützt und begleitet Sie Hauck Aufhäuser Lampe gerne bei der Implementierung von regulatorischen Anforderungen für die von uns verwalteten alternativen Investmentvehikel. Für etwaige Rückfragen in diesem Zusammenhang stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.
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