Die Fed ist gestern einen kleinen Schritt auf dem in Aussicht gestellten steilen Leitzinserhöhungspfad gegangen. Bald folgt die Bilanzschrumpfung. Aufgrund der hohen Konjunkturrisiken erwarten wir nicht, dass die Fed ihr "Leitzinsversprechen" halten können wird.
Der Offenmarktausschuss der US-Notenbank (FOMC) hat sich gestern von seinem Krisenleitzins verabschiedet, der mehr als zwei Jahre nahe 0,00 % lag. Die Leitzinszielspanne wurde um 25 Basispunkte auf 0,25–0,50 % erhöht. Damit hat sich die Notenbank wegen der vom Ukraine-Krieg ausgehenden Unsicherheit für ein vorsichtiges Vorgehen entschieden. Trotz der kriegsseitig bestehenden Konjunkturrisiken betont der Ausschuss die Inflationsrisiken deutlich stärker. Da die Wirtschaft bereits gut ausgelastet ist – die Arbeitslosenquote lag mit 3,8 % zuletzt etwas unter der von der Fed geschätzten Vollbeschäftigungsquote von 4,0 % –, nehmen aus seiner Sicht die Überhitzungsgefahren zu. Die Notenbank signalisiert deshalb für die kommenden Monate eine kräftige Erhöhung der Leitzinsen. Den aktualisierten Leitzinsprojektionen zufolge hält der Median der FOMC-Mitglieder aus heutiger Sicht bis Ende 2022 eine weitere Zinsstraffung von 150 Basispunkten für angemessen. Dies wären jeweils 25 Basispunkte auf jeder der bis dahin verbleibenden FOMC-Sitzungen. Das ist etwas mehr als unsere Leitzinserhöhungserwartung, die wir auf +125 Basispunkte hochgesetzt haben.
Aller Erfahrung nach sind die FOMC-Projektionen keine verlässliche Orientierungsgröße. Nur zur Erinnerung: Im Dezember 2021 war für Ende 2022 noch ein um 100 Basispunkte tieferer Leitzins als angemessen betrachtet worden – so rasch können sich die Einschätzungen ändern. Wir sehen den Zinserhöhungselan der Fed kritisch, denn die hohen Preise für Energie, Lebensmittel und Mieten dürften sich zunehmend negativ auf die Konsumdynamik auswirken. Bei vielen Haushalten entfällt mittlerweile schon mehr als ein Drittel der Gesamtausgaben auf diese drei Kategorien, Tendenz steigend. Hohe Inflationsraten, Kaufkraftverluste, sinkende Realeinkommen und nun noch kräftig steigende Zinsen und Kreditkosten – unseres Erachtens ist das Risiko beträchtlich, dass der Konsummotor erheblich ins Stottern gerät.
Zinstreibend wirkt zudem, dass mit dem Ausstieg der Fed aus ihren Krisenmaßnahmen auch die Liquiditätsausstattung künftig weniger üppig werden wird. Nach der Einstellung der Netto-Anleihekäufe Anfang dieses Monats soll der Bilanzschrumpfungsprozess schon auf einer der nächsten Sitzungen eingeleitet werden. Zu den zur Januar-Sitzung vorgestellten Grundprinzipien (vor allem beträchtliche passive Bilanzreduzierung) gab es gestern zwar keine weiteren Details. Mehr Aufschluss dürfte aber bereits das Sitzungsprotokoll geben, das in drei Wochen veröffentlicht wird. Fed-Chef Jerome Powell deutete auf der Pressekonferenz für die Mai-Sitzung mehr Einzelheiten an. Unseren Berechnungen zufolge ließe sich aus den Rückflüssen vormals erworbener Wertpapiere ein monatliches Schrumpfungstempo von bis zu 100 Mrd. US-$ realisieren. Wegen der hohen Konjunkturrisiken ist es für uns aber unsicherer geworden, ob dieses Tempo nicht doch zu straff ist.
Prognosen | 16.03.2022 | JUN 2022 | SEP 2022 | März 2023 |
FFTR (oberer Zielspannwert, %) | 0,50 | 1,25 | 1,50 | 2,00 |
3-Monats-Libor* (%) | 0,83 | 1,60 | 1,80 | 2,10 |
Quelle: Refinitiv Datastream. Jun 2022−Mär 2023: Prognose Hauck Aufhäuser Lampe
* Siehe ICE-Disclaimer
FOMC-Leitzinsprojektionen*
2021 | 2022 | 2023 | 2024 | langfristig | |
Leitzins (Median für Mitte der Zielspanne, %) | |||||
März 2022 | 0,1 | 1,9 | 2,8 | 2,8 | 2,4 |
Dezember 2021 | 0,1 | 0,9 | 1,6 | 2,1 | 2,5 |
Zahl der FOMC-Mitglieder, die Leitzinserhöhungen für angemessen halten | |||||
März 2022 | 0 (18) | 16 (16) | 16 (16) | 16 (16) | 16 (16) |
Dezember 2021 | 0 (18) | 18 (18) | 17 (18) | 18 (18) | 18 (18) |
*Projektionen der Mitglieder des Federal Reserve Board und der Präsidenten regionaler Fed-Distrikte. Jeweils bezogen auf das Jahresende. IN Klammern: Anzahl der FOMC-Mitglieder
Quelle: Fed
Erläuterungen
Abkürzung | Erklärung |
Fed | Federal Reserve Bank (US-Notenbank) |
FFTR | Federal Funds Target Rate |
FOMC | Federal Open Market Committee (Offenmarktausschuss) |
US-$ | US-Dollar als Volumenangaben |
Begriffserklärungen
Basispunkt
Ein Hundertstel eines Prozentpunktes
Federal Funds Future
Standardisiertes und börsengehandeltes Termingeschäft für Tagesgelder unter den Banken
Federal Funds (Target) Rate
Leitzins der US-Notenbank. Hier als oberer Rand des von der US-Notenbank angestrebten Zielkorridors für den Tageszinssatz verstanden, zu dem sich US-Banken untereinander Kredite zur Deckung der Mindestreserveverpflichtungen zur Verfügung stellen
Geldpolitik
Umfasst sämtliche Maßnahmen, die eine Notenbank zur Verwirklichung ihrer Ziele ergreifen kann.
Inflation
Allgemeine und anhaltende Steigerung des Preisniveaus bei Gütern und Dienstleistungen
Inflationsrate
Veränderung der Verbraucherpreise, die in der Regel gegenüber dem Vormonat und dem Vorjahr ermittelt wird.
Leitzins
Zentrales Element, mit dem eine Notenbank ihre Geldpolitik steuert
Libor
London Interbank Offered Rate. Wichtiger Referenzzinssatz im internationalen Interbankengeschäft
Median
Wert exakt in der Mitte einer Datenmenge
Notenbank
Eigenständige Institution, die mit der Durchführung der Geldpolitik betraut ist. Bei unterschiedlichen staatlichen Abhängigkeitsgraden zielt ihr Wirken meist auf die Höhe eines bestimmten Beschäftigungsgrades und/oder auf die Wahrung einer festgelegten Preisniveaustabilität ab.
Offenmarktausschuss
Das für die Festlegung des geldpolitischen Kurses zuständige Gremium der US-Notenbank
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