Die weitere Zuspitzung der geopolitischen Lage belastet Risikopapiere weiter. Wir beleuchten die Möglichkeit und die Effekte von Sanktionen. Eine kooperative Lösung bleibt unser Basisszenario, wobei die Energieabhängigkeit der EU das Zünglein an der Waage ist. Handelt die Staatengemeinschaft nicht einstimmig, sind Sanktionen nicht glaubwürdig und die Kriegsgefahr und Risikoaversion steigen.
Die Lage spitzt sich zu
Die geopolitische Unsicherheit mit Blick auf Russland, die Ukraine sowie die involvierten Westmächte spitzt sich seit dem vergangenen Wochenende weiter zu und belastet die Märkte spürbar. Nachdem bereits Ende Januar erstes westliches (Botschafts-) Personal die Ukraine verlassen hat, ruft beispielsweise die Bundesregierung nun alle deutschen Staatsbürger dazu auf, die Ukraine zu verlassen. Vor dem Hintergrund zusätzlicher Truppenverlegungen auf beiden Seiten hat sich die Unsicherheit damit weiter erhöht. Im Zuge der neuerlichen Zuspitzung stehen Safe-Haven-Assets seit vergangenem Freitag wieder hoch im Kurs. So sackte die Rendite zehnjähriger US-Treasuries wieder unter die psychologisch wichtige Marke von 2,00%. Dabei hatte das globale Renditebarometer im Nachgang jüngster Fed-Kommentare auf Basis der Januar US-Inflationsdaten (7,5%) den genannten Widerstand erst kurz zuvor überwunden. Konsistent mit einer erhöhten Unsicherheit an den Märkten legte die „Schönwetterglocke“ USD/JPY in den vergangenen Tagen den Rückwärtsgang ein. Auch die sehr robuste Berichtssaison, zusammen mit soliden Makro-Fundamentals, wird von der geopolitischen Front überlagert.
Kooperation ist möglich
Der „Nutzen“ (bestehend aus ökonomischen, politischen und militärischen Aspekten) ist für beide Seiten höher, wenn sie kooperieren (symmetrische Abrüstung an den relevanten Grenzen, zunächst keine Entscheidung über NATO-Mitgliedschaft der Ukraine; kann ggf. nach erfolgter Abrüstung erfolgen). Welche ökonomischen Argumente gibt es für eine Kooperation? Wie das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung in einem aktuellen Beitrag feststellt, haben „umfassende und von breiten Koalitionen getragene Handelssanktionen starke Effekte auf den Handel zwischen den Konfliktparteien.“ Konkret belaufen sich die volkswirtschaftlichen Kosten der im Raum stehenden Sanktionen in Russland auf rund
2% des BIP, während sie in der EU ca. 0,2% des BIP betragen. Eine offensichtliche Flanke des Sanktions-Szenarios besteht in der Energie-Abhängigkeit der EU von Russland. 2020 kamen 44% der EU-Gasimporte aus Russland. Bereits seit dem vergangenen Jahr hat die EU mit einem Energy-Crunch und Winter zu kämpfen, u.a. mit der Folge, dass die (Energie-)Speicher aktuell nahezu leer sind. Alternative Gaslieferungen aus den USA könnten einen vollständigen Einfuhrstopp aus Russland nicht kompensieren. Damit ist fraglich, wie glaubwürdig die Drohung der Sanktionen letztlich ist. Bislang ist die Einstimmigkeit in der EU hoch und damit die Bereitschaft, den „Preis der Sanktionen“ zu bezahlen. U. E. wird sich der Konflikt entschärfen.
Unsere Positionierung
Seit Mitte vergangener Woche sind wir in Aktien übergewichtet (rund 10% über der Neutralgewichtung). Die sehr gute Berichterstattung zu den Q4-Ergebnissen war der wesentliche Beweggrund. Die Unternehmen konnten in den USA wie in Europa sowohl bei Umsatz als auch bei Gewinn positiv überraschen; in den USA sind die Gewinne im Vergleich zum Vorjahr bislang um 27%, in Europa um 86% gestiegen. Ferner zeichnete sich auf den Rentenmärkten zumindest ein vorübergehendes Ende der „Renditeanstiegswelle“ ab. Dies waren die Bedingungen, an deren Erfüllung wir eine höhere Aktiengewichtung geknüpft hatten. Im Falle einer Eskalation des Konfliktes wird sich die Flucht in „sichere Häfen“ verstärken. Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten eines solchen Risikofalls lassen sich nicht seriös benennen. Verschärft sich der Konflikt jedoch, sähen wir uns gezwungen, an erster Stelle eine nennenswerte Absenkung von Aktienquoten vorzunehmen. Wie immer in Krisenphasen sind Segmente wie Corporate Bonds nur eingeschränkt liquide und handelbar. Eine De-Eskalation führt hingegen schnell zu einer Rückbesinnung auf die ökonomischen Determinanten von Kapitalmärkten und drängt das Hegemoniestreben zurück
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