Der Ukraine-Krieg hat das ifo-Geschäftsklima stark abstürzen lassen. Besonders gelitten haben die Geschäftserwartungen. Es scheint klar zu sein, dass sich die Konjunkturerholung ein weiteres Mal verzögert. Bei einem Handelsembargo steht der Gang in die Rezession bevor.
Durch das Kriegsdrama in der Ukraine hat die Stimmung in der gewerblichen Wirtschaft in Deutschland stark gelitten. Dies zeigt der ifo-Geschäftsklimaindex für März, der abgestürzt ist: Nach 98,5 (rev. von 98,9) steht dieser bei 90,8. Damit ist er so niedrig wie zuletzt im Sommer 2020, als er nach dem Corona-Einbruch anstieg. Unter dem Strich geht der Rückgang auf beide Komponenten zurück: Bei der aktuellen Geschäftslage sind es 1,6, bei den Geschäftserwartungen 13,3 Punkte. Für die Zukunft sind die befragten Unternehmen mehrheitlich pessimistisch gestimmt.
Wir haben Zweifel, dass sich die Stimmung monatelang auf dem derzeit tiefen oder einem noch tieferen Niveau halten wird. Ein Ende des Ukraine-Kriegs zeichnet sich bislang zwar nicht ab. Wir rechnen aber damit, dass sich Unternehmen an die Kriegssituation gewöhnen und auf die Wirkung der Kriegsfolgen ihr Geschäftsumfeld betreffend konzentrieren werden. Dies betrifft vor allem Lieferketten: Hier geht es aus unserer Sicht jedoch nicht nur darum, bestehende Absatz- und Bezugswege „zu sanieren“. Vielmehr sind vor allem neue zu erschließen, da manche Vorprodukte für längere Zeit beispielsweise nicht mehr aus der Ukraine geliefert werden dürften. Wir sehen dies als Herkulesaufgabe an, die an Preisen kaum spurlos vorbeigehen wird.Für die Endverbraucher sind dies schlechte Nachrichten, da ihr Haushaltseinkommen durch hohe Energiepreise bereits stark belastet ist. Wird bedacht, dass sich deren Energierechnung in etwa verdoppeln wird, ist unseres Erachtens derzeit ein Kaufkraftentzug unterwegs, der noch nicht von allen erkannt ist und weder mit weniger Sparen noch durch staatliche Entlastungen nennenswert aufgefangen werden wird. Der aktuelle Wegfall von Corona-Beschränkungen wird dessen dämpfende Wirkung daher wohl auch nur unzureichend abschwächen, da Geld, das beispielsweise an der Tankstelle ausgegeben wurde, für anderen Konsum schlicht nicht mehr zur Verfügung steht. Die absehbar stärkere Rückkehr von Arbeitnehmern aus dem Homeoffice an ihre Arbeitsplätze wird diesen Trend voraussichtlich verstärken.
Für die Endverbraucher sind dies schlechte Nachrichten, da ihr Haushaltseinkommen durch hohe Energiepreise bereits stark belastet ist. Wird bedacht, dass sich deren Energierechnung in etwa verdoppeln wird, ist unseres Erachtens derzeit ein Kaufkraftentzug unterwegs, der noch nicht von allen erkannt ist und weder mit weniger Sparen noch durch staatliche Entlastungen nennenswert aufgefangen werden wird. Der aktuelle Wegfall von Corona-Beschränkungen wird dessen dämpfende Wirkung daher wohl auch nur unzureichend abschwächen, da Geld, das beispielsweise an der Tankstelle ausgegeben wurde, für anderen Konsum schlicht nicht mehr zur Verfügung steht. Die absehbar stärkere Rückkehr von Arbeitnehmern aus dem Homeoffice an ihre Arbeitsplätze wird diesen Trend voraussichtlich verstärken.
In unserem Economic Research KOMPAKT vom 14.03.2022 hatten wir negative Effekte der Kriegswirren auf die deutsche Wirtschaft für das zweite Halbjahr 2022 bereits berücksichtigt und unsere BIP-Prognose für 2022 auf 3,0 % gesenkt. Dies bestätigen wir. Auch wenn die für Januar freundlich ausgefallenen Konjunkturdaten unsere Sicht eines geringen BIP-Wachstums im ersten Quartal 2022 bestärken, sind wir uns darüber im Klaren, dass der Weg zu einer (Mini-)Rezession aufgrund der globalen Gemengelage kurz ist. Aber selbst im Rahmen unserer Prognose ginge der seit zwei Jahren bestehende Überlebenskampf vieler Unternehmen weiter, zumal diese Einsparpotenziale gehoben haben dürften. Das Risiko einer klassischen Stagflation, die unseres Erachtens erst ab einer Dauer von zwölf Monaten beginnt, sehen wir ohne ein Handelsembargo gegen Russland weiter als niedrig an.
Prognosen für den Deutschland | 2019 | 2020 | 2021 | 2022P | 2023P |
Bruttoinlandsprodukt (% zum Vorjahr)* | 1,1 | -4,9 | 2,9 | 3,0 | 2,5 |
Verbraucherpreise (% zum Vorjahr) | 1,4 | 0,5 | 3,1 | 5,4 | 2,5 |
Arbeitslosenquote (%, Jahresende) | 5,0 | 6,1 | 5,2 | 4,7 | 4,5 |
Quelle: Refinitiv Datastream. 2022P/23P: Prognose Hauck Aufhäuser Lampe
Erläuterungen
Abkürzung | Erklärung |
BIP | Bruttoinlandsprodukt |
DEU, ESP u. a. | Abkürzungen nach Ländercodeliste DIN ISO 3166 |
ifo | ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung |
Begriffserklärungen
Bruttoinlandsprodukt
Gesamtwert aller von einer Volkswirtschaft in einem bestimmten Zeitraum erstellten Waren und Dienstleistungen, soweit diese nicht als Vorleistungen für die Produktion anderer Waren und Dienstleistungen verwendet werden.
ifo-Geschäftsklima
Das ifo Geschäftsklima basiert auf ca. 9.000 monatlichen Meldungen von Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes, des Dienstleistungssektors, des Handels und des Bauhauptgewerbes. Die Unternehmen werden gebeten, ihre gegenwärtige Geschäftslage zu beurteilen und ihre Erwartungen für die nächsten sechs Monate mitzuteilen. Sie können ihre Lage mit "gut", "befriedigend" oder "schlecht" und ihre Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monaten als "günstiger", "gleich bleibend" oder "ungünstiger" kennzeichnen. Der Saldowert der gegenwärtigen Geschäftslage ist die Differenz der Prozentanteile der Antworten "gut" und "schlecht", der Saldowert der Erwartungen ist die Differenz der Prozentanteile der Antworten "günstiger" und "ungünstiger". Das Geschäftsklima ist ein transformierter Mittelwert aus den Salden der Geschäftslage und der Erwartungen. Zur Berechnung der Indexwerte werden die transformierten Salden jeweils auf den Durchschnitt des Jahres 2015 normiert.
Quelle: ifo Institut (Informationen wörtlich übernommen)
Inflation
Allgemeine und anhaltende Steigerung des Preisniveaus bei Gütern und Dienstleistungen.
Rezession
Eine der vier Phasen im Konjunkturzyklus einer Volkswirtschaft, in der wichtige Konjunkturindikatoren sich stark zurückbilden und die gesamtwirtschaftliche Wirtschaftsleistung schrumpft
Stagflation
Gleichzeitiges Auftreten einer wirtschaftlichen Stagnation (geringes bzw. ausbleibendes Wirtschaftswachstum) und höherer Inflationsraten
Verbraucherpreisindex
Messung der durchschnittlichen Preisentwicklung von Waren und Dienstleistungen.
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