Die Kapitalmärkte sind unverändert in schwierigem Fahrwasser. Notenbanken, von denen manche hastig ihre Geldpolitik neu ausrichten; einzelne Unternehmen, die schwächere Ergebnisse präsentierten; Russland, das Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien stoppte; Anleger, deren Sentiment für Aktienengagements sich eintrübte und Rentenmärkte, die weiter unter Inflation und steigenden Renditen litten – all das sorgte im Monatsverlauf nochmals für weitere Verluste auf den globalen Aktien- und Rentenmärkten. Seit Jahresanfang liegen globale Aktien (MSCI World, in Euro) mehr als 5% unter Wasser, das Minus für den breiten Euro-Rentenmarkt beträgt rund 8%. Insbesondere die Rentenmarktverluste schmerzen, weil es in allen Segmenten, auch bei kürzeren Laufzeiten und Corporate Bonds, zu Verlusten kam. Schutz bot nur Kasse.
Eine Besserung ist gleichwohl möglich, und zwar ohne, dass man sich in Zweckoptimismus flüchten muss. So begann zwar die aktuell laufende Gewinnberichterstattung (Earnings Season) zu den Unternehmensergebnissen im ersten Vierteljahr etwas holprig. Es gab vereinzelt, zum Beispiel bei den US-Technologiewerten, Umsatz- und Gewinnenttäuschungen. Aber alles in allem dürften die Gewinnzuwächse im ersten Quartal auf Indexebene im Schnitt mindestens im hohen einstelligen Bereich sein. Sollte sich zugleich eine Entspannung auf den Rentenmärkten breit machen, wäre dies zusätzlicher Rückenwind. Fast schon wäre das eine Art „Goldlöckchen“-Szenario, was helfen würde, die Verluste der ersten Monate etwas abzutragen.
Folgerichtig haben wir unsere Aktiengewichtung zum Ende des Monats April auf eine neutrale Gewichtung angehoben. Regional bevorzugen wir noch den US-Aktienmarkt, stehen aber bereit, die günstiger bewerteten europäischen Aktien in einem weiteren Schritt nennenswerter anzuheben. Das erfordert jedoch, dass der Ukraine-Krieg nicht eskaliert oder ein abruptes Gas-Embargo ausbleibt.
Die Renditeanstiege beginnen sich – so zumindest unser Eindruck - zu verlangsamen oder gar ansatzweise umzukehren. Denn immer öfter wird die „Inflation Peak“-These bemüht. Die Märkte erwarten nicht ganz zu Unrecht, dass der Hochpunkt der Inflationsraten in diesem Frühjahr erreicht werden sollte und sie sich sodann allmählich zurückbilden sollten. Die EZB, als eine letztlich wirtschaftspolitische Institution, spielt aufgrund der mit dem Krieg verbundenen hohen wirtschaftlichen Unwägbarkeiten für die Eurozone auf Zeit. Ihre Kritiker entrüstet das. Dass die amerikanische Notenbank ihre Zinsen über die bestehenden Markterwartungen hinaus erhöht, erwarten wir nicht. Eher macht sie vorher Schluss. Insofern macht es zunehmend Sinn, erste Neuengagements auf den Rentenmärkten zu erwägen, und Positionen in inflationsgeschützten Anleihen allmählich zu reduzieren. Unseres Erachtens erinnert die aktuelle Lage an die Situation 1994: auch damals hob die Fed ihre Leitzinsen mehrfach an, die Zinskurve flachte sich ab, aber Konjunktur und Aktienmärkte hielten sich gut. Und nach anfänglichen Renditeanstiegen, begannen die Renditen wieder zu fallen. Der Dollar im Übrigen auch. Das könnte eine Blaupause für heute sein.
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